BIOGRAPHIA
VITA

Meine Art Fotografie zu denken – Ulrich Kneise

Fotografieren bildet. Aus Gegenwart wird mit dem Druck auf den Auslöser Vergangenheit. Um entscheiden zu können, was wert ist, für die kollektive Erinnerung aufbewahrt zu werden, braucht es Offenheit und Nähe. Der Magnum-Fotograf Bruce Davidson ( geb. 1933) hat es auf den Punkt gebracht: „Die meisten meiner Fotografien sind mitfühlend, liebevoll und persönlich. Sie wollen dem Betrachter eine eigene Sicht ermöglichen. Sie wollen nicht predigen. Und sie wollen sich nicht als Kunst ausgeben“. 

Ich bekenne mich zu einer fotografischen Tradition, der es selbstverständlicher Anspruch für ein gutes Foto ist, Dokument und poetisches Bekenntnis zugleich zu sein: „Es gibt keinen wirklichen Streit zwischen dem Künstler und dem Dokumentarfotografen. Man muß beides sein. Der Dokumentarfotograf versucht sich über die Erfahrungen auszudrücken, die alle haben. Der Künstler teilt die Bedeutung des Ereignisses, der Umstände und Situationen durch Qualität mit, weil man sie nur so zum Leben erwecken kann.“ ( Dorothea Lange,US-Fotografin,1895 - 1965) In diesem Sinne schließt für mich kritische Distanz Anteilnahme nicht aus, sie bedingt sie. So möchte ich meine Bilder verstanden wissen.

Aus diesem Selbstverständnis heraus erscheint es mir nur konsequent, dass sich meine Arbeitsweise immer deutlicher zum analogen Bild orientiert. Die digitale Fotografie nutze ich eher als unterstützendes Medium für Druckvorstufe und Archivierung.Es ist also Programm, die mir wichtigen Bilder nach wie vor auf Film ( mit MesssucherKameras im Kleinbildformat und Mittelformatkameras  6 x 6 und 6 x 9). Um damit bei bewegter Szenerie zu guten Bildern zu kommen, ist volle Konzentration erforderlich. In dieser Frage vertraue ich meinen Sinnen mehr, als überlegener Technik. Ich versuche in meiner Arbeit der Macht, aber auch den Verlockungen der „Logarithmen“ zu widerstehen, wo immer es geht. Bild ist eben nicht gleich Bild. Ich fühle mich der klassischen Fotografie verpflichtet, weil ihre handwerklichen Prozesse viel Sorgfalt verlangen. Da ich in meinen Bildern nach Wahrhaftigkeit strebe, sind mir die Ergebnisse des physikalisch-chemischen Lichtbildprozesses näher, als sein digitales Plagiat aus „Null und Eins“. Ich akzeptiere die Grenzen des Mediums und schätze es, dass die Arbeit aufwendiger und langsamer ist. Und ich nehme gern in Kauf, dass verloren ist, was im Moment der Aufnahme nicht beherrscht wurde. Dafür erhalte ich Fotos, deren Seele auch die Fehler ausmachen, die jedem Filmbild eigen sind. Dafür ist sicher, dass ich noch in Jahrzehnten auf diese Negative zugreifen kann. Ob allerdings meine Bilder dann noch auf Interesse stoßen, bleibt abzuwarten.

Ulrich Kneise, 2018

Ulrich Kneise

1961 geboren in Eisenach 

1967 – 1980 Schulbesuch in Eisenach; erste fotografische Versuche 

1980 – 1982 Wehrdienst, Truppenfotograf 

1982 – 1984 Volontariat und bildredaktionelle Arbeit bei Wochenzeitung „Volksarmee“ und dem Magazin „Armeerundschau“ 

1984 Rückkehr nach Eisenach – Verzicht auf Studienplatz der Bildjournalistik in Leipzig; Beginn der fotografischen Arbeiten zu Eisenach, Versuche, im eigenen Haus eine öffentliche Galerie zu betreiben, scheitern an der DDR-Bürokratie 

bis 1989 als Fotograf für Illustrierte und Museen tätig; Aufnahme in den Künstlerverband der DDR 

seit 1990 freier Fotograf, Gründung „Fotogalerie im Hause Bohl“; Fotograf für „Associated Press“, Theaterfotografie, kunstwissenschaftliche Fotografie u. a. für Wartburgstiftung, Landesamt für Denkmalpflege und Industriefotografie u.a. für die Adam Opel AG und Theaterfotografie thematische Ausstellungen und Bücher entstehen: „Wartburg“, „Lucas Cranach – Orte der Begegnung“, „Parks und Gärten in Thüringen“, „Wartburgstadt Eisenach“ 

1992 „Votum“ Bilder aus Eisenach in Japan 

1994 Ausstellung und Buch „ZeitSprung“ mit Unterstützung der Opel Eisenach GmbH, die Ausstellung wird u. a. gezeigt in: Erfurt, Leipzig, Rüsselsheim, Hemer, Kaiserslautern, Köln, Bonn, Pforzheim, Großgerau, Arnstadt, Berlin, Schömberg, Benzberg und Biberach 

1995 „Preis der Arbeit“ Klagenfurt in Kärnten für „ZeitSprung“; Hauptkatalog der Wartburgstiftung zum Lutherjahr, Ausstellung „Martin Luther – Lebensspuren“  

ab 1997 Ausstellungsprojekt „Wem gehört die Stadt?“ – Thüringer Landschaften im Landtag; Fotos zum Umweltbericht Adam Opel AG; Buch „Welterbe Wartburg“, Wartburgstiftung; Ausstellung „JahrhundertWende“ und Ausstellung „JahrhundertBilder“ mit Stadtarchiv Eisenach kuratiert 

2000 Umweltbericht der Adam Opel AG an allen europäischen Standorten; 75. Ausstellung in der Fotogalerie im Hause Bohl; 1. Thüringer Landesausstellung „Der junge Bach“ (alle Fotoarbeiten, Katalog und Ausstellung, Fotoessay)

2001 – 2002 Ausstellung und Buch: „Vier Generationen Ostdeutscher Fotografen – Fotoanschlag“ in Leipzig und Bonn; „Draußen vor der Tür“, Ausstellung für Kunsthalle Arnstadt kuratiert (gemeinsames Projekt mit Robert Werling, USA und Rudi Torunski); Bildband „Kilansdom zu Würzburg“; Bildessay zur Ausstellung „Schatz des Amplonius“, Angermuseum Erfurt; Internationales Kulturprojekt „Via Regia – Strasse des Lebens“, Erfurt

2003 Berufung in die „Deutsche Gesellschaft für Fotografie“ und in die „Deutsche Fotografische Akademie“; Ausstellungsbeteiligung am Projekt „RheinMain – Netzwerke“, Airport Gallery, Frankfurt/Main 

2004 Hauptkatalog Tilman Riemenschneider für Doppelausstellung des Mainfränkischen Museums und der Diözese Würzburg 

2005 100. Ausstellung in der Fotogalerie im Hause Bohl, Buch mit Prof. Scheele „Chorfiguren Würzburger Dom“; Internationale Fototage in Mannheim „Die Kunst ein Deutscher zu sein“, Einzelausstellung   

2006 „StadtPorträt“, farbige Arbeiten zum Thema Eisenach in Korrespondenz zu „ZeitSprung“, Fotogalerie Bohl; Ausstellung „Sammlung RheinMain“, Mainz mit einem Fotoessay über Arbeitswelten Adam Opel AG 

2007 Projekt „Elisabeth von Thüringen“, Buch und Ausstellungen in Eisenach, Creuzburg und auf der Wartburg, Ausstellung „StadtPorträt“ Aufbaubank, Erfurt; Aufarbeitung und Präsentation des fotografischen Nachlass von Friedrich Otto Bernstein für das Museum der bildenden Künste Leipzig und die Automobile Welt Eisenach 

2008 Bücher für Diözese Würzburg „Wallfahrtskirche Käppele“ und „Neumünster“ 

2009 „Helden der Arbeit - Working Class Hero“, Arbeitswelten bei Opel in Europa , Ausstellungin der Kunsthalle Arnstadt und Eisenach 

2010 Galerie Urich Kneise e. V. in Eisenach schließt nach 20 Jahren und 127 Ausstellungen 

2011 „Persönlich“ – Personalausstellung im Museum für Volkskunde, Erfurt

2012 Buch und Ausstellung: „Tilman Riemenschneider“; Langzeitprojekt „Opel Adam – Handmade in Eisenach“

2013 Ausstellung: „Opel Adam – Handmade in Eisenach“, Eisenach; Fotografie für Museum der Natur Goldisthal 

2014 Buch: „Lichtmess“, Mitteldeutscher Verlag, Ausstellung Spergau; Buch: „Martin Luther – Lebensspuren“ Verlag Schnell & Steiner; Ausstellung: „FeindBilder“ im Thüringer Museum, Eisenach 

2015/2016 „Aura - Thüringens stille Kraft“- mittelalterliche Holzskulpturen, Ausstellung zum Reformationsjubiläum und Buch beim Mitteldeutschen Verlag, gefördert durch den Freistaat Thüringen 

2017 Aufarbeitung des fotografischen Nachlass Günter Bersch und Überführung in die Stiftung preußischer Kulturbesitz in Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung Aufarbeitung und Stiftung Ettersberg, Herausgeber des Buches „Passion“, Günter Bersch und Kurator der gleichnamigen Ausstellung für die Erfurter Gedenkstätte Andreasstraße 

2018 Animation und Bühnenbild für das Ballett „Verschwundenes Bild“ von Choreograph Andris Plucis mit begleitender Ausstellung „Ein Werk wird“ zur Probenarbeit der Balettcompany des Landestheaters Eisenach

2019 Perspektiven - eine fotografische Spurensuche, Ausstellung 10 Jahre „Alte Synagoge Erfurt“, Buch und Ausstellung mit Marcel Krummrich

2020/2021 Sicherung des fotografischen Archivs von Bildreporter Peter Leske für die  Bundesstiftung Aufarbeitung Berlin in Zusammenarbeit   mit der Stiftung Ettersberg, Kurator und Herausgeber von Buch und Ausstellung  „REPORTerTAGE“  für die Erfurter Gedenkstätte Andreasstraße

2022/2023 Ausstellung und Buch mit Autorin Dr. Juliane Stückrad: „Daheim - Geschichten aus dem Randgebiet“ ,gefördert durch den Bundesbeauftragten für Ostdeutschland Gedenkstätte Andreasstraße Erfurt